GIGA Focus Nahost

Gaza, Israel und Deutschlands Außenpolitik: ein Meinungsbild

Nummer 7 | 2025 | ISSN: 1862-3611


  • Rally For A Just Peace In Palestine And Israel In Munich In Front Of The City Hall On Marienplatz In Munich, Germany, on December 11, 2025, 13 organizations call for a rally, urging to protect civilians and stop arms exports.

    Über die Ansichten der in Deutschland lebenden Bevölkerung zum Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und Israels anschließender militärischer Offensive in Gaza ist wenig bekannt. Eine im August 2025 durchgeführte quotierte, repräsentative Online-Umfrage mit 1.050 Befragten gibt Einblicke in die Meinungen darüber sowie in die Bewertung der Medienberichterstattung, das Verständnis von Antisemitismus und die Haltung zur Erinnerungskultur.

    • Es stimmen 68 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass die Hamas am 7. Oktober 2023 Kriegsverbrechen begangen hat. Ähnlich viele (65 Prozent) sind der Ansicht, dass die israelische Armee Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza begehe. Es stimmen 59 Prozent zu, dass Israels militärisches Vorgehen als Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung zu bewerten sei.

    • Nur zehn Prozent stehen uneingeschränkt hinter der Aussage, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sein sollte. Mehr als zwei Drittel sind der Meinung, dass sich die deutsche Außenpolitik vom Völkerrecht und den universellen Menschenrechten leiten lassen soll.

    • Über 60 Prozent hätten sich bereits von der Ampelregierung gewünscht, israelische Kriegsverbrechen in Gaza zu benennen und zu verurteilen. Es sprechen sich 68 Prozent dafür aus, dass die aktuelle Bundesregierung die israelische Regierung zu einem Ende der Blockade Gazas und einer permanenten Waffenruhe drängt. Nur 18 Prozent wünschen sich eine stärkere militärische Unterstützung Israels.

    • Es sind 61 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Kritik an Israel von Antisemitismus zu trennen sei. Schließlich sind 56 Prozent der Meinung, dass Deutschlands historische Verantwortung Jüdinnen und Juden gelten solle und nicht dem israelischen Staat.

    Fazit

    Weite Teile der in Deutschland lebenden Bevölkerung sprechen sich für eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik zu Gaza und Israel aus. Eine Mehrheit ist der Meinung, Deutschland solle sich klar am Völkerrecht orientieren. Eine kritische Reflexion über die Gründe und Konsequenzen der Kluft zwischen öffentlichem Meinungsbild und außenpolitischem Handeln ist daher dringend geboten.


    Meinungen zur Situation in Israel und Palästina

    Berichte der Vereinten Nationen (UN) dokumentieren Kriegsverbrechen der Hamas und anderer militanter palästinensischer Gruppen am 7. Oktober 2023 sowie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Israel im Zuge der darauffolgenden militärischen Offensive in Gaza (z.B. United Nations 2024). Am 16. September 2025 kam eine Kommission der UN unter Leitung der Südafrikanerin Navi Pillay, die unter anderem als Richterin am Internationalen Straftribunal für Ruanda (ICTR) tätig war und zwischen den Jahren 2008 und 2014 als Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte amtierte, zu dem Ergebnis, dass Israel in Gaza einen Völkermord an den Palästinenserinnen und Palästinensern begeht (United Nations 2025). Sie bestätigt damit frühere Analysen von internationalen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International (2024), ECCHR (2025) und Human Rights Watch (2024) und schließt sich der Einschätzung führender Genozidforscherinnen und -forscher an (Nader 2025). Welches Meinungsbild gibt es dazu innerhalb der in Deutschland lebenden Bevölkerung?

    Es stimmen 68 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass die Hamas und andere militante palästinensische Gruppen am 7. Oktober 2023 Kriegsverbrechen an der israelischen Bevölkerung begangen hätten; zwölf Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu und 21 Prozent wissen es nicht (vgl. Abbildung 1; Näheres zur Umfrage und zur Stichprobe ist am Ende des Textes dargestellt). Fast zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) sind zudem der Meinung, dass die israelische Armee in Gaza Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehe. Nur 15 Prozent stimmen dem nicht zu und 20 Prozent haben dazu keine Meinung. Eine Mehrheit der Befragten (59 Prozent) bewertet Israels militärisches Vorgehen zudem als Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung. Es stimmen 21 Prozent einer solchen Aussage nicht zu und 20 Prozent wissen es nicht. Auf der anderen Seite sind 62 Prozent der Befragten zum Zeitpunkt der Befragung der Meinung gewesen, dass die Hamas das Leid der Menschen in Gaza sofort beenden könne, indem sie alle Geiseln freiließe. Keine Meinung haben 18 Prozent zu dieser Aussage und 19 Prozent stimmen nicht zu. Danach befragt, ob Deutschland mitverantwortlich sei für israelische Völkerrechtsverbrechen in Gaza, stimmen nur 34 Prozent der Befragten zu, während 48 Prozent ablehnen. Keine Meinung haben 19 Prozent zu dieser Aussage.

    Im Juli 2024 bewertete der Internationale Gerichtshof (IGH) in einem Gutachten die gesamte israelische Besatzung des palästinensischen Gebiets (Gaza und das Westjordanland, einschließlich Ostjerusalems) als rechtswidrig und folgerte daraus, dass diese umgehend beendet werden müsse (International Court of Justice 2024). Dieser Einschätzung folgen 58 Prozent der von uns Befragten. Diese Position lehnen 17 Prozent ab und 25 Prozent haben keine Meinung dazu (vgl. Abbildung 1). Etwas weniger als die Hälfte der Befragten (47 Prozent) stimmen außerdem der Aussage zu, dass die Begriffe Kolonialismus und Apartheid zutreffend Israels Politik und Handlungen in Palästina beschreiben, während 24 Prozent diese Aussage ablehnen; 29 Prozent wissen es nicht.


    Abbildung 1. Meinungen zur Situation in Israel und Palästina

    Der IGH hat die israelische Besatzung als rechtswidrig anerkannt und folgerte daraus, dass diese umgehend beendet werden müsse.  Das sehen 58 Prozent der Befragten so,  17 Prozent lehnen es ab und 25 Prozent haben keine Meinung.
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,034.

    Zustimmung und Ablehnung der Politik der alten und neuen Bundesregierung

    Seitdem die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel im September 2007 in ihrer Rede vor der UN-Vollversammlung die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson erklärte – eine Position, die sie wenige Monate später im März 2008 vor der Knesset wiederholte – betonen führende Politikerinnen und Politiker regelmäßig diese besondere Verpflichtung Deutschlands. Eine im November 2023 veröffentlichte Kurzinformation des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages stellt jedoch klar, dass „Staatsräson“ kein rechtlicher Begriff sei, sondern eine politische Aussage darstelle (Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste 2023). Entsprechend umstritten ist die Ausrichtung der deutschen Außenpolitik anhand dieses politischen Orientierungs- und Handlungsprinzips. Zuletzt forderten etwa 170 Expertinnen und Experten eine Neuausrichtung der deutschen Politik im Einklang mit völkerrechtlichen Prinzipien und einem umfassenderen Verständnis der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel und Palästina (staatsraison.net 2025). Welche Akzeptanz findet die Position der Bundesregierung in dieser Sache innerhalb der Bevölkerung?


    Abbildung 2. Meinungen zur Aussage „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“

    Die Aussage „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“ trifft auf geringe Zustimmung: nur zehn Prozent sind von der Aussage überzeugt. Für (völlig) falsch halten sie 35 Prozent und 22 Prozent wissen nicht, was diese Aussage bedeuten soll.
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil der Befragten, die die Werte einer 7-stufigen Likert-Skala von 1 „völlig falsch“ bis 7 „völlig richtig“ oder „Ich weiß nicht, was das bedeutet“ gewählt haben. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,049.

    Bei den Befragten trifft die Aussage „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“ auf eine sehr geringe Zustimmung: Auf einer Skala von 1 („völlig falsch“) bis 7 („völlig richtig“) sind nur zehn Prozent davon überzeugt, dass diese Aussage (völlig) richtig ist (Werte 6 und 7). Für (völlig) falsch (Werte 1 und 2) halten sie 35 Prozent der Befragten und 22 Prozent wissen nicht, was diese Aussage bedeuten soll (vgl. Abbildung 2).


    Abbildung 3. Meinungen zur Außenpolitik Deutschlands

    Es sind mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten der Meinung, dass sich die deutsche Außenpolitik ausschließlich vom Völkerrecht und den universellen Menschenrechten leiten lassen solle und nicht von einer Staatsräson.
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,020.

    Darüber hinaus sind mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten der Meinung, dass sich die deutsche Außenpolitik ausschließlich vom Völkerrecht und den universellen Menschenrechten leiten lassen solle und nicht von einer Staatsräson (vgl. Abbildung 3). Zudem stimmen der Aussage: „Deutschland muss Israel kritisieren, wenn Israel Menschenrechte und das Völkerrecht missachtet. Es darf keine Doppelstandards geben“ 78 Prozent der Befragten zu. Entsprechend ist die überwiegende Mehrheit der Befragten gegen eine bedingungslose Unterstützung Israels. Dennoch stimmen 27 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass es die Pflicht der Bundesregierung sei, Israel weiter politisch und militärisch zu unterstützen, auch wenn die israelische Armee in Gaza Kriegsverbrechen begangen haben sollte. Ebenso stimmen ein knappes Viertel (23 Prozent) der Befragten zu, dass es ebenfalls die Pflicht der Bundesregierung sei, Israel militärisch und politisch zu unterstützen, obwohl die israelische Regierung an der Besatzung palästinensischer Gebiete sowie der Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern festhielte. Der Hälfte der Befragten ist es wichtig, dass die Bundesregierung regelmäßig das Existenzrecht Israels bekräftigt (50 Prozent) und sich eindeutig zum Staat Israel als jüdischen Staat bekennt (53 Prozent). Wiederum 61 Prozent stimmen aber auch der Aussage zu, dass sich die Bundesregierung anstatt zum Existenzrecht von Staaten wie Israel vielmehr zum Existenz- und Selbstbestimmungsrecht sowohl von Israelis als auch von Palästinensern bekennen solle.


    Abbildung 4. Meinungen zu den Konsequenzen und Widersprüchlichkeiten der Außenpolitik Deutschlands

    Die deutsche Außenpolitik gegenüber Israel wird von 31% der Befragten dafür verantwortlich gemacht, dass Deutsche im Ausland zukünftig weniger willkommen sein werden. Dieser Aussage stimmen 42 Prozent nicht zu, 27 Prozent haben keine Meinung.
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,042.

    Die deutsche Außenpolitik gegenüber Israel wird von fast einem Drittel der Befragten (31 Prozent) dafür verantwortlich gemacht, dass Deutsche im Ausland zukünftig weniger willkommen sein werden, da Deutschland mitschuldig an israelischen Kriegsverbrechen sei (vgl. Abbildung 4). Dieser Aussage stimmen allerdings 42 Prozent nicht zu, 27 Prozent haben dazu keine Meinung. Danach gefragt, ob die deutsche Nahostpolitik von rassistischen Denkmustern geprägt sei, lässt sich ein ähnlich polarisiertes Meinungsbild erkennen. Dieser Aussage stimmen 32 Prozent der Befragten zu, 40 Prozent stimmen nicht zu und 28 Prozent wissen darauf keine Antwort. Eine deutliche Mehrheit der Befragten (61 Prozent) hält es schließlich für widersprüchlich, wenn sich deutsche Politikerinnen und Politiker gegen Rechtsextremismus in Deutschland engagierten und gleichzeitig eine in Teilen rechtsextreme Regierung in Israel unterstützten; nur 17 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu, 21 Prozent wissen hier keine Antwort.


    Abbildung 5. Meinungen zur Politik der alten Bundesregierung

    66 Prozent der Befragten halten es für richtig, dass die ehemalige Bundesregierung die Kriegsverbrechen der Hamas am 7. Oktober 2023 verurteilt hat; zehn Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage nicht zu und 23 Prozent haben hier keine Meinung
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,039.

    Spezifischer nach der Politik der früheren Ampelkoalition mit Blick auf die Ereignisse am und seit dem 7. Oktober 2023 gefragt, hält es die überwiegende Mehrheit (66 Prozent) der Befragten für richtig, dass die ehemalige Bundesregierung die Kriegsverbrechen der Hamas am 7. Oktober 2023 verurteilt hat; zehn Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage nicht zu und 23 Prozent haben hier keine Meinung (vgl. Abbildung 5). Darüber hinaus hätte sich eine große Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen bereits unter Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock eine deutlich kritischere Haltung gegenüber dem israelischen Vorgehen in Gaza gewünscht. Der Aussage, dass die alte Bundesregierung israelische Kriegsverbrechen in Gaza von Anfang an hätte benennen und verurteilen müssen, stimmen 63 Prozent der Befragten zu. Der Aussage, dass die Ampelregierung Israel stärker zu einer permanenten Waffenruhe in Gaza hätte drängen sollen, stimmen 64 Prozent zu und 55 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die alte Bundesregierung bereits kurz nach Beginn der israelischen Offensive in Gaza Waffenexporte nach Israel hätte stoppen müssen. Entsprechend zurückhaltend sind die Befragten auch, was eine stärkere Unterstützung Israels unter der Ampelkoalition betrifft: Nur 23 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, die alte Bundesregierung hätte Israel noch stärker politisch und militärisch unterstützen sollen. Dies lehnen 53 Prozent ab und 24 Prozent haben in diesem Zusammenhang keine Meinung.


    Abbildung 6. Meinungen zur Politik der neuen Bundesregierung

    Zum Zeitpunkt der Befragung Ende August sprechen sich 68 Prozent der Befragten dafür aus, dass die Bundesregierung die israelische Regierung zu einem Ende der Blockade Gazas und einer permanenten Waffenruhe drängen solle.
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,041.

    Ähnlich deutlich fallen die Haltungen zur Außenpolitik der aktuellen Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul aus. Zum Zeitpunkt der Befragung Ende August sprechen sich 68 Prozent der Befragten dafür aus, dass die Bundesregierung die israelische Regierung zu einem Ende der Blockade Gazas und einer permanenten Waffenruhe drängen solle (vgl. Abbildung 6). Eine Haltung der Bundesregierung, die sich dafür einsetzt, die israelische Regierung zu einem Rückzug aus Gaza und einem Ende der Besatzung im Westjordanland aufzufordern, wird ebenfalls von einer klaren Mehrheit von 60 Prozent der Befragten unterstützt.

    Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) erließ im September 2024 Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den damaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant. Bundeskanzler Friedrich Merz ließ kurz nach den Bundestagswahlen im Februar 2025 verlauten, Mittel und Wege finden zu wollen, um Netanjahu trotzdem einen Besuch in Deutschland zu ermöglichen. Diese Haltung trifft auf keine mehrheitliche Unterstützung in der Bevölkerung: Nur ein Fünftel (20 Prozent) der Befragten widerspricht der Aussage, dass Benjamin Netanjahu verhaftet und an den IStGH ausgeliefert werden müsse, sollte er nach Deutschland einreisen (vgl. Abbildung 6). Gegenteiliger Ansicht sind 49 Prozent der Befragten, die dieser Aussage zustimmen, während 31 Prozent keine Antwort wissen. Nur 27 Prozent der Befragten würden es unterstützen, wenn der Bundeskanzler den derzeitigen israelischen Ministerpräsidenten nach Deutschland einladen würde. Einer solchen Einladung würden 45 Prozent nicht zustimmen und 28 Prozent haben keine Meinung dazu. Gleichzeitig ist es aber 47 Prozent der Befragten wichtig, dass die Bundesregierung einen engen Kontakt zu Israel pflegt und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Mai 2025 den israelischen Ministerpräsidenten in Israel traf. Ein Viertel (25 Prozent) lehnt diese Aussage ab und 29 Prozent haben keine Meinung dazu.

    Positionen zu möglichen Maßnahmen der Bundesregierung gegenüber Israel

    Die UN-Völkermordkonvention wurde im Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Reaktion auf die Shoah verabschiedet. Deutschland erklärte seinen Beitritt dazu im Jahr 1954. Die Konvention verpflichtet ihre Unterzeichner, Völkermord zu verhindern und zu bestrafen. Spätestens mit der ersten Anordnung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 26. Januar 2024 im Fall Südafrika gegen Israel wurde eine „reale und unmittelbare Gefahr“ für einen Völkermord an den Palästinenserinnen und Palästinensern festgestellt und diese Pflicht ausgelöst. Darüber hinaus muss sich die Bundesregierung vor dem IGH verantworten. Ihr wird in einer von Nicaragua vorgebrachten Anklage vorgeworfen, Beihilfe zu einem Völkermord geleistet und ihre Präventionspflicht gemäß der UN-Völkermordkonvention im Zusammenhang mit Gaza verletzt zu haben. Bislang sieht die Bundesregierung jedoch in diesem Zusammenhang keinen Bedarf für konkrete Maßnahmen wie einen vollständigen Exportstopp für Waffen oder Sanktionen. Welche Meinung haben die von uns Befragten zu möglichen Maßnahmen der Bundesregierung gegenüber Israel?


    Abbildung 7. Meinungen zu möglichen Maßnahmen der Bundesregierung gegenüber Israel

    Nur 18 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer wünschen sich eine stärkere militärische Unterstützung Israels durch die Bundesregierung. Dem widersprechen 66 Prozent und 15 Prozent haben keine Meinung dazu
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,025.

    Nur 18 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer wünschen sich eine stärkere militärische Unterstützung Israels durch die Bundesregierung. Dem widersprechen 66 Prozent und 15 Prozent haben keine Meinung dazu (vgl. Abbildung 7). Zwei Drittel der Befragten sind dafür, dass die Bundesregierung das völkerrechtswidrige Verhalten der israelischen Regierung benenne und verurteile (67 Prozent) und zudem ab sofort keine weiteren Waffenexporte nach Israel genehmige (66 Prozent). Nur 15 Prozent bzw. 17 Prozent stimmen diesen beiden Aussagen nicht zu und knapp unter 20 Prozent wissen jeweils keine Antwort. Darüber hinaus sind 51 Prozent der Befragten dafür, dass die Bundesregierung die militärische und polizeiliche Zusammenarbeit mit Israel aussetzen solle (bei 26 Prozent gegensätzlicher Meinung und 24 Prozent Enthaltung). Während etwas weniger als die Hälfte der Befragten (47 Prozent) Sanktionen gegen Mitglieder der israelischen Regierung zustimmt (25 Prozent sind dagegen und 28 Prozent enthalten sich), ist eine knappe Mehrheit von 53 Prozent für ein Einfuhrverbot von Gütern aus illegalen israelischen Siedlungen (bei 20 Prozent Ablehnung und 27 Prozent Enthaltung). Für das Verhängen von allgemeinen Wirtschaftssanktionen gegen Israel findet sich mit 44 Prozent der Befragten keine Mehrheit. Allerdings lehnen nur 28 Prozent diese explizit ab. Keine Meinung haben dazu 29 Prozent. Noch weniger Zustimmung findet mit 32 Prozent die Aussage, Forschungskooperationen zwischen deutschen und israelischen Firmen und Universitäten nicht weiter auszubauen. Diese Aussage lehnen 40 Prozent ab und 28 Prozent wissen keine Antwort. Wenn Kooperationen zwischen deutschen und israelischen Universitäten und Forschungseinrichtungen allerdings mit Israels Besatzung und Völkerrechtsverbrechen in Gaza in Verbindung stünden, sprechen sich 47 Prozent der Befragten dafür aus, diese umgehend zu beenden. Dagegen sind 27 Prozent und 26 Prozent enthalten sich.

    Haltungen zur Rolle Deutschlands innerhalb der EU

    Im Mai dieses Jahres stimmte die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten für die Überprüfung der Einhaltung von Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel. Dieser Artikel verpflichtet zur Achtung der Menschenrechte und demokratischer Grundsätze. Anlass für die Überprüfung war der Vorwurf, dass Israel im Rahmen seines militärischen Vorgehens in Gaza schwerwiegend gegen diese Prinzipien verstoße. Deutschland stimmte gegen die Einleitung einer solchen Prüfung. Der mittlerweile dazu vorliegende Bericht verweist auf entsprechende Verstöße durch die israelische Regierung. Die Bundesregierung lehnte dennoch sowohl eine vollständige als auch eine teilweise Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel ab. Wie beurteilten die Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer das Handeln der Bundesregierung in dieser Sache?


    Abbildung 8. Haltungen zur Rolle Deutschlands innerhalb der EU

    Eine knappe Mehrheit der Befragten (52 Prozent) ist der Meinung, dass Deutschland für die Überprüfung des Assoziierungsabkommens hätte stimmen sollen, während zwölf Prozent dagegen sind und 35 Prozent keine Meinung dazu haben
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,041.

    Eine knappe Mehrheit der Befragten (52 Prozent) ist der Meinung, dass Deutschland für die Überprüfung des Assoziierungsabkommens hätte stimmen sollen, während zwölf Prozent dagegen sind und 35 Prozent keine Meinung dazu haben (vgl. Abbildung 8). Deutlich weniger als die Hälfte der Befragten (35 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass Deutschland eine besondere Beziehung zu Israel habe und es daher eine andere Position einnehmen könne als der Rest der EU. Hier widersprechen 40 Prozent, während sich 25 Prozent enthalten. Allerdings sind nur 43 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Nahostpolitik der Bundesregierung dazu führe, dass sich Deutschland innerhalb der EU isoliere, wenngleich dieser Anteil deutlich höher ist als der Anteil, der dieser Aussage nicht zustimmt (26 Prozent). Von den Befragten wissen es 31 Prozent nicht. Ob sich Deutschland für eine vollständige Aussetzung des Assoziierungsabkommens einsetzen sollte, können 44 Prozent nicht beantworten. Unter denjenigen, die sich dazu äußern, gibt es eine Mehrheit für eine solche Aussetzung (32 Prozent stimmen zu und 24 Prozent lehnen dies ab).

    Seit Mai 2024 haben zahlreiche EU-Mitgliedstaaten, darunter Spanien, Irland und Frankreich, Palästina als Staat anerkannt. Die Bundesregierung hält eine Anerkennung Palästinas zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Unter den von uns Befragten sprechen sich 46 Prozent für eine Anerkennung Palästinas als Staat aus, während 22 Prozent dagegen sind; 32 Prozent der Befragten haben keine Meinung zu dieser Frage (vgl. Abbildung 9).


    Abbildung 9. Meinungen zur Anerkennung Palästinas als Staat

    Die Bundesregierung hält eine Anerkennung Palästinas zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Unter den Befragten sprechen sich 46% für eine Anerkennung Palästinas als Staat aus, während 22% dagegen sind; 32% haben keine Meinung zu dieser Frage
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die die Antwortoption „ja“, „nein“ oder „weiß nicht“ gewählt haben. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,044.

    Bewertung der Berichterstattung deutscher Medien

    Im September 2024 forderten über 300 Journalistinnen und Journalisten in einem offenen Brief Schutz für ihre Kolleginnen und Kollegen in Gaza, die Aufhebung des israelischen Einreiseverbots für Journalistinnen und Journalisten nach Gaza und eine kritische Berichterstattung, die sich nicht ungeprüft auf offizielle israelische Darstellungen stützt (gazajournalistenschuetzen.wordpress.com 2024). Deutsche Medien stehen darüber hinaus in der Kritik, die Ursprünge des Konflikts und aktuelle Ereignisse nicht richtig einzuordnen und zur Entmenschlichung von Palästinenserinnen und Palästinensern beigetragen zu haben (z.B. Hafez 2024). Zudem gibt es Hinweise auf israelische Desinformationskampagnen, mit denen die öffentliche Meinung und Politik in Europa beeinflusst werden soll. Diese Hinweise gehören zu den Gründen, weshalb die Niederlande Israel im Juli diesen Jahres auf die Liste der Länder setzten, die ein nationales Sicherheitsrisiko darstellten (Schmeller 2025). Wie nehmen die Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer die Berichterstattung durch deutsche Medien wahr?


    Abbildung 10. Bewertung der Berichterstattung deutscher Medien

    Die Nahostberichterstattung deutscher Medien halten 39 Prozent der Befragten für insgesamt ausgewogen. Nur 37 Prozent widersprechen dieser Ansicht und 24 Prozent wissen es nicht
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,043.

    Die Nahostberichterstattung deutscher Medien halten 39 Prozent der Befragten für insgesamt ausgewogen. Nur 37 Prozent widersprechen dieser Ansicht und 24 Prozent wissen es nicht (vgl. Abbildung 10). Der Meinung, dass pro-israelischen Stimmen in den Nachrichten und in Diskussionssendungen mehr Raum gegeben werde als pro-palästinensischen Stimmen, sind 40 Prozent der Befragten; 27 Prozent stimmen hier nicht zu und ein Drittel der Befragten (33 Prozent) kann dies nicht beurteilen. Danach befragt, ob die deutschen Medien zu oft die Position der israelischen Regierung übernähmen, stimmen 43 Prozent zu; 27 Prozent lehnen diese Aussage ab und 30 Prozent haben keine Meinung dazu. Dass die Berichterstattung in deutschen Medien zur Entmenschlichung der Palästinenserinnen und Palästinenser beigetragen habe, wird nur von einem knappen Drittel der Befragten (30 Prozent) wahrgenommen. Es stimmen 38 Prozent nicht zu und 32 Prozent haben hierzu keine Meinung.

    Die Wahrnehmung pro-palästinensischer Parolen und das Verständnis von Antisemitismus

    Parolen der pro-palästinensischen Protestbewegung werden von politischen Entscheidungsträgern, Behörden und Medien häufig als Ausdruck von Israelhass gewertet oder sogar als grundsätzlich antisemitisch eingestuft. Gleichzeitig liegen mittlerweile eine Reihe von Gerichtsurteilen vor, die klarstellen, dass die Verwendung von vielen dieser Parolen nicht per se strafbar ist. Wie deutet die in Deutschland lebende Bevölkerung zwei ausgewählte Parolen, die häufig auf Demonstrationen verwendet werden?

    Die Parole „Free Palestine“ interpretieren 27 Prozent der Befragten als einen Ruf zur Auslöschung des Staates Israel (vgl. Abbildung 11). Diese Aussage wissen 31 Prozent nicht einzuordnen und 43 Prozent widersprechen dieser Deutung. Die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free!“ wird von 32 Prozent der Befragten als klarer Aufruf zur Auslöschung des Staates Israel betrachtet. Gegenteiliger Meinung sind 34 Prozent, während 35 Prozent keine Antwort darauf wissen.

    Im Juni 2025 kritisierte der Menschenrechtskommissar des Europarates in einem offenen Brief an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt den Umgang deutscher Behörden mit der Versammlungs- und Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit Gaza und warnte vor einer Deutung jeglicher Kritik an Israel als Antisemitismus (O’Flaherty 2025). Was sagen die von uns Befragten zu dieser Problematik?

    Eine große Mehrheit der Befragten (61 Prozent) ist der Meinung, dass zwischen Israelkritik und Antisemitismus zu trennen sei. Nur eine Minderheit (zwölf Prozent) widerspricht dieser Aussage; 27 Prozent haben dazu keine Meinung (vgl. Abbildung 11). Allerdings existieren keine mehrheitlichen Positionen darüber, ob die Verwendung von Begriffen wie Genozid oder Apartheidstaat im Zusammenhang mit Israel als antisemitisch zu interpretieren sei. So stimmt etwa jeder Fünfte (22 Prozent) der Aussage zu, dass die Bezeichnung von Israels Vorgehen in Gaza als Genozid antisemitisch sei. Diese Aussage lehnen 44 Prozent ab und 34 Prozent wissen keine Antwort. Ein ähnliches Bild ergibt sich bezüglich der Aussage: „Es ist antisemitisch, Israel als Apartheidstaat zu bezeichnen“. Hier lehnen 38 Prozent der Befragten diese Aussage ab, während 25 Prozent zustimmen und 37 Prozent dazu keine Meinung haben. Der Aussage, dass es antisemitisch sei, Sanktionen gegen Israel zu fordern, stimmen 20 Prozent der Befragten zu. Keine Meinung dazu haben 28 Prozent und eine knappe Mehrheit von 52 Prozent lehnt sie ab. Danach befragt, ob der Boykott israelischer Produkte als eine antisemitische Haltung zu interpretieren sei, stimmt ein knappes Viertel (24 Prozent) der Befragten zu, während 28 Prozent es nicht wissen. Diese Aussage lehnen 48 Prozent der Befragten ab.


    Abbildung 11. Die Wahrnehmung pro-palästinensischer Parolen und das Verständnis von Antisemitismus

    Eine große Mehrheit der Befragten (61 Prozent) ist der Meinung, dass zwischen Israelkritik und Antisemitismus zu trennen sei. Nur eine Minderheit (zwölf Prozent) widerspricht dieser Aussage; 27 Prozent haben dazu keine Meinung
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,036.

    Im November 2024 verabschiedete der Bundestag die Resolution „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“. Im Januar 2025 folgte die Resolution „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern“. Obwohl beide Resolutionen keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, d.h. sie stellen keine Gesetze dar, werden sie häufig von staatlichen Institutionen und anderen Akteuren als Orientierungshilfe herangezogen. Beide Resolutionen werden scharf kritisiert. Hauptkritikpunkt ist, dass sie sich ausschließlich auf die „Arbeitsdefinition Antisemitismus“ der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) stützen. Nicht als Ausgangspunkt für rechtlich bindende Regelungen gedacht (Stern 2019), birgt sie die Gefahr der politischen Instrumentalisierung, d.h. der missbräuchlichen Verwendung des Antisemitismusbegriffs, um legitime Kritik am Staat Israel zu unterbinden und grundlegende Rechte wie die Meinungs-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit einzuschränken (z.B. Ambos et al. 2023). Da nur 18 Prozent der Befragten angeben, von den Resolutionen gehört zu haben, wird auf eine detaillierte Darstellung der Meinungen zu diesen an dieser Stelle verzichtet.

    Haltungen zur deutschen Erinnerungskultur

    Schließlich enthielt die Umfrage mehrere Aussagen zum Thema Erinnerungskultur, um besser zu verstehen, welche Haltungen in Deutschland lebende Menschen diesbezüglich einnehmen. So geben 36 Prozent der Befragten an, dass „Nie wieder“ für sie bedeute, die Existenz Israels als jüdischen Staat zu verteidigen; 35 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu und 29 Prozent wissen es nicht (vgl. Abbildung 12). Gleichzeitig sind 56 Prozent der Befragten dafür, dass Deutschlands historische Verantwortung Jüdinnen und Juden gelten solle und nicht dem israelischen Staat. Diese Aussage lehnen 21 Prozent ab, während 23 Prozent keine Meinung dazu haben. Der Meinung, dass es Deutschlands historische Pflicht sei, sich bedingungslos hinter den Staat Israel zu stellen, sind 21 Prozent. Dieser Aussage widersprechen 60 Prozent und 19 Prozent wissen es nicht. Es vertreten 26 Prozent die Position, dass Deutschland eine besondere historische Verantwortung gegenüber Palästinenserinnen und Palästinensern habe. Deutlich mehr, nämlich 48 Prozent, widersprechen dieser Aussage, während sich 26 Prozent enthalten. Hingegen stimmen 44 Prozent der Aussage zu, dass die deutsche Unterstützung für Israels Vorgehen in Gaza im Widerspruch zum historischen Bekenntnis von „Nie wieder“ stehe. Dieser Aussage widersprechen 25 Prozent und 31 Prozent haben keine Position dazu. Eine Mehrheit von fast zwei Drittel (64 Prozent) stimmt abschließend der Aussage zu, dass „Nie wieder“ „Nie wieder für alle“ bedeute und nicht nur für Jüdinnen und Juden. Nur 13 Prozent lehnen diese Deutung ab, während 22 Prozent keine Antwort wissen.


    Abbildung 12. Haltungen zur deutschen Erinnerungskultur

    36 Prozent der Befragten gaben an, dass „Nie wieder“ für sie bedeute, die Existenz Israels als jüdischen Staat zu verteidigen; 35 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu und 29 Prozent wissen es nicht
    Anmerkungen: Gezeigt wird der Anteil (in Prozent) der Befragten, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala entweder die Antwortoptionen „stimme eher zu“ oder „stimme völlig zu“ (dargestellt als „stimme zu“), oder die Antwortoptionen „stimme eher nicht zu“ oder „stimme gar nicht zu“ (dargestellt als „stimme nicht zu“) oder die Antwortoption „weiß nicht“ gewählt haben. Die Reihenfolge der Aussagen wurde randomisiert. Da die Anteile auf ganze Zahlen gerundet wurden, ergibt die Summe nicht notwendigerweise 100 Prozent. Erhebungszeitraum: 11. bis 22. August 2025. N=1,038.

    Deutschlands Außenpolitik zu Gaza und Israel: eine Kluft zwischen Bevölkerung und Entscheidungsträgern

    Zentrale Elemente der in den letzten Jahren formulierten außenpolitischen Prinzipien der Bundesrepublik mit Blick auf Gaza und Israel werden von weiten Teilen der in Deutschland lebenden Bevölkerung nicht verstanden oder sogar abgelehnt. Hierzu zählt insbesondere das Bekenntnis vieler führender Politikerinnen und Politiker, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei. Nur zehn Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage uneingeschränkt zu. Es meinen 63 Prozent, dass die alte Bundesregierung israelische Kriegsverbrechen in Gaza von Anfang an hätte benennen und verurteilen müssen. Das militärische Vorgehen Israels gegen die palästinensische Bevölkerung bewerten 59 Prozent als Völkermord.

    Zudem besteht bei über zwei Dritteln (68 Prozent) der Wunsch, dass sich die Bundesregierung für ein Ende der Blockade Gazas und eine dauerhafte Waffenruhe einsetzt. Der Meinung, dass die Bundesregierung die militärische und polizeiliche Zusammenarbeit mit Israel aussetzen sollte, sind 51 Prozent und 53 Prozent stimmen für ein Einfuhrverbot von Gütern aus illegalen israelischen Siedlungen. Zudem meinen 52 Prozent, dass Deutschland in der EU für eine Überprüfung des Assoziierungsabkommens mit Israel hätte stimmen sollen und schließlich unterstützt eine Mehrheit von zwei Dritteln einen Stopp von Waffenexporten nach Israel.

    Darüber hinaus nehmen zwischen 20 und 30 Prozent der Befragten keine Position zu zentralen außenpolitischen Themen und Handlungen der Bundesregierung ein. Bei der Beurteilung von Slogans der Palästina-Solidarität, der Wahrnehmung von Antisemitismus und der Haltung zur Erinnerungskultur wird deutlich, dass das Meinungsbild in der Bevölkerung sowohl von mangelnder Sachkenntnis als auch von hoher Unsicherheit geprägt ist.

    Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich weite Teile der in Deutschland lebenden Bevölkerung für eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik mit Blick auf Gaza und Israel aussprechen. Die Mehrheit der von uns Befragten wünscht sich eine Außenpolitik, die sich klar am Völkerrecht orientiert. Eine daraus resultierende Konsequenz ist das Vermeiden von Doppelstandards – ein Anliegen, welches ebenfalls mehrheitlich befürwortet wird. Eine kritische Reflexion über die Gründe und Konsequenzen der Kluft zwischen öffentlichem Meinungsbild und außenpolitischem Handeln ist dringend geboten. Eine fortgesetzte Neigung, völkerrechtliche Prinzipien nicht universell anzuwenden, hat das Potenzial, die bestehenden Unterschiede weiter zu vertiefen.


    Hinweise zur Studie

    Nähere Informationen zur Umfrage und zur Stichprobe.

    Anmerkung: Die Studie wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung finanziert und ist in Kooperation zwischen der Autorin und dem Autor und Prof. Dr. Peter Wetzels von der Universität Hamburg umgesetzt worden.


    Fußnoten



      Literatur

      Ambos, Kai, Cengiz Barskanmaz, Maxim Bönnemann, et al. (2023), Die Implementation der IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus ins deutsche Recht – eine rechtliche Beurteilung, Verfassungsblog, 18. Dezember, Zugriff 12. November 2025.

      Amnesty International (2024), Israel/Occupied Palestinian Territory: ‘You Feel Like You Are Subhuman’: Israel’s Genocide Against Palestinians in Gaza, 5. Dezember, Zugriff 12. November 2025.

      Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste (2023), Zum Begriff der Staatsräson im deutschen Recht, Berlin: Deutscher Bundestag, 16. November, Zugriff 12. November 2025.

      ECCHR (2025), Der andauernde Genozid in Gaza: Fragen und Antworten zum rechtlichen Hintergrund und aktuellen Entwicklungen, Zugriff 22. Oktober 2025.

      gazajournalistenschuetzen.wordpress.com (2024), Journalist:innen in Deutschland für Pressefreiheit im Gaza-Krieg, Zugriff 24. Oktober 2025.

      Hafez, Kai (2024), Der Gaza-Krieg, die deutschen Medien und die »falsche Seite der Geschichte«?, in: Journalistik, 7, 2, Zugriff 12. November 2025.

      Human Rights Watch (2024), Extermination and Acts of Genocide, 19. Dezember, Zugriff 12. November 2025.

      International Court of Justice (2024), Legal Consequences arising from the Policies and Practices of Israel in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem - Advisory Opinion, Zugriff 24. Oktober 2025.

      Nader, Emir (2025), Israel Committing Genocide in Gaza, World’s Leading Experts Sayin, 1. September, Zugriff 27. Oktober 2025.

      O’Flaherty, Michael (2025), Open Letter to Mr. Alexander Dobrint (Federal Minister of the Interior) by the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, 6. Juni, Zugriff 12. November 2025.

      Schmeller, Raphael (2025), Neue Bedrohungsanalyse: Niederlande stufen Israel als Sicherheitsrisiko ein, in: Berliner Zeitung, 28. Juni, Zugriff 22. Oktober 2025.

      staatsraison.net (2025), Jenseits der Staatsraison, 2. Oktober, Zugriff 24. Oktober 2025.

      Stern, Kenneth (2019), I Drafted the Definition of Antisemitism. Rightwing Jews are Weaponizing it, in: The Guardian, 13. Dezember, Zugriff 29. Oktober 2025.

      United Nations (2025), Israel has Committed Genocide in the Gaza Strip, UN Commission Finds, 16. September, Zugriff 22. Oktober 2025.

      United Nations (2024), Israeli Authorities, Palestinian Armed Groups are Responsible for War Crimes, Other Grave Violations of International Law, UN Inquiry Finds, 12. Juni, Zugriff 22. Oktober 2025.


      Lektorat GIGA Focus Nahost

      Petra Brandt

      Editorial Management


      Wie man diesen Artikel zitiert

      Binzel, Christine, und Thomas Richter (2025), Gaza, Israel und Deutschlands Außenpolitik: ein Meinungsbild, GIGA Focus Nahost, 7, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), https://doi.org/10.57671/gfme-25071


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