GIGA Focus Lateinamerika

Wie autoritär ist Lateinamerika?

Nummer 8 | 2008 | ISSN: 1862-3573


  • Seit vor zwanzig Jahren die "dritte Welle der Demokratisierung" die Militärdiktaturen Lateinamerikas zu Fall brachte, gilt Lateinamerika (mit Ausnahme Kubas) als einzige durchgängig demokratisch regierte Entwicklungsregion. Gleichwohl lassen sich auf dem Subkontinent heute nicht nur ererbte Demokratiedefizite, sondern auch neue autoritäre Tendenzen und Herausforderungen für Rechtsstaat und Demokratie feststellen.

    Analyse Die klassischen Militärdiktaturen Lateinamerikas gehören der Vergangenheit an und ein Comeback steht nicht zu erwarten. Gleichwohl erfahren eine Reihe von Staaten politische Deinstitutionalisierung und eine Zunahme autoritärer Tendenzen, was die Frage nach Charakter und Qualität der politischen Regime neu auf die Tagesordnung bringt.

    • Rezentralisierung und populistische Personalisierung der Politik führen vor allem in Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Nicaragua und Venezuela zu einem weiteren Ausbau der übermächtigen Stellung der Exekutive bzw. des Präsidenten sowie zu einem zunehmenden Unterlaufen der Gewaltenteilung und -kontrolle.

    • Wahlerfolge von Anti-Establishment-Kandidaten und die Entstehung neuer politischer Eliten mit umfassenden Projekten politischer "Neugründungen" sind zu verzeichnen, die im Zuge von Verfassungsreformen teilweise Partizipationsrechte ausweiten, andererseits aber auch eine weitgehende Deinstitutionalisierung der bisherigen politischen Systeme mit sich bringen.

    • Die doppelte Bedrohung durch Gewaltakteure – organisierte und herkömmliche Kriminalität auf der einen Seite sowie repressiv-militärische staatliche Gegenmaßnahmen auf der anderen Seite – gefährdet massiv die demokratische Qualität einiger Länder. Dies betrifft insbesondere Mexiko, einige zentralamerikanische Länder und auch weiterhin Kolumbien.

    • Im sozialistischen Kuba gelang die Ablösung Fidel Castros nach fast fünf Jahrzehnten an der Staatsspitze bemerkenswert reibungslos. Die Nachfolgeregierung unter Raúl Castro verspricht die Kontinuität des Einparteiensystems, ist jedoch viel mehr als Fidel auf Legitimierung durch Leistung angewiesen. In der Folge sucht sie den Balanceakt eines Reformwegs, der die materiellen Lebensbedingungen verbessert, ohne die politische Ordnung in Frage zu stellen.


    Fußnoten



      Forschungsschwerpunkte

      Wie man diesen Artikel zitiert

      Annegret Kuhn (née Mähler) (2008), Wie autoritär ist Lateinamerika?, GIGA Focus Lateinamerika, 8, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-275774


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      Das German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost und zu globalen Fragen heraus. Der GIGA Focus wird vom GIGA redaktionell gestaltet. Die vertretenen Auffassungen stellen die der Autorinnen und Autoren und nicht unbedingt die des Instituts dar. Die Verfassenden sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. Irrtümer und Auslassungen bleiben vorbehalten. Das GIGA und die Autorinnen und Autoren haften nicht für Richtigkeit und Vollständigkeit oder für Konsequenzen, die sich aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen ergeben.

      Dr. Annegret Kuhn (geb. Mähler)

      Dr. Annegret Kuhn (geb. Mähler)

      Ehemals Associate




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