GIGA Insights | 18.02.2024
Am 14. Februar 2024 hat Indonesien über einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament abgestimmt. GIGA-Experte PD Dr. Andreas Ufen analysiert die Wahlergebnisse und erklärt im Gespräch, welche Herausforderungen sich daraus für die Demokratie des Landes ergeben.
Gibt es einen klaren Sieger der indonesischen Präsidentschaftswahlen?
Andreas Ufen: Bei den Präsidentschaftswahlen in Indonesien gilt mittlerweile ein Sieg Prabowo Subiantos als sicher. Prabowo hat sich schon im ersten Wahlgang mit fast 60% der Stimmen gegen seine beiden Herausforderer, Anies Baswedan und Ganjar Pranowo, durchsetzen können. Die geplante Stichwahl im Juni wird es demnach nicht geben. Prabowo galt schon seit einigen Monaten als klarer Favorit und wurde auch mehr oder weniger offen vom populären Noch-Präsidenten Joko Widodo („Jokowi“) unterstützt. Übrigens: Der Sohn Jokowis, Gibran, wird der künftige Vizepräsident sein.
Wer ist Prabowo Subianto und wie wird seine Wahl von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen gesehen?
Ufen: Prabowo ist durchaus umstritten. Bei den Wahlen 2014 und 2019 trat er jeweils als Rechtspopulist auf, unterlag Jokowi jedoch beide Male und hatte danach mit fadenscheinigen Begründungen von Wahlbetrug gesprochen. Prabowo, seit 2019 Verteidigungsminister und als Schwiegersohn des früheren Diktators Suharto einst zum General aufgestiegen, wird von seinen Kritiker:innen für Gräueltaten in Osttimor und Papua sowie für die Verschleppung von oppositionellen Student:innen im Jahr 1998 verantwortlich gemacht. Menschenrechts- und Demokratie-Aktivist:innen betrachten die Wahl Prabowos daher mit großer Sorge.
Wie wird sich das Parlament jetzt zusammensetzen?
Ufen: Es werden voraussichtlich acht Parteien in das nationale Parlament einziehen, darunter die Demokratische Partei Indonesien-Kampf (PDI-P) unter Megawati Sukarnoputri, die von Prabowo aufgebaute und beherrschte Partei Gerindra, die ehemalige Regime-Partei Golkar und drei kleinere muslimische Parteien. Politische Parteien in Indonesien sind programmatisch schwach und außer in religiösen Fragen schwer zu unterscheiden. Oft bilden sie große Koalitionen. Daher ist zu erwarten, dass Prabowo eine breite Unterstützung im Parlament erhalten wird.
Welche Folgen für die Demokratie Indonesiens sind von Prabowos Politik zu erwarten?
Ufen: Zwar tritt der künftige Präsident jetzt sehr versöhnlich auf und verspricht, die Politik Jokowis im Wesentlichen weiterzuführen, viele Beobachter:innen befürchten aber eine weitere Aushöhlung der fragilen, von einer kleinen Elite bestimmten Demokratie. Unter Prabowo wird es mit Sicherheit weiterhin keine intensive Auseinandersetzung mit den jahrzehntelangen Menschenrechtsverletzungen geben. Es ist wahrscheinlich, dassdie zivile Kontrolle über das Militär weiter geschwächt und der Spielraum der Zivilgesellschaft zunehmend eingeschränkt werden.
Text: Lisa Sänger