GIGA Focus Nahost

Wahlen in Jordanien: Islamistischer Boykott und autoritäre Kontinuität

Nummer 12 | 2010 | ISSN: 1862-3611


  • Am 9. November 2010 fanden in Jordanien Parlamentswahlen statt, bei denen königstreue Repräsentanten erneut die absolute Mehrheit der Stimmen erlangten. Der Urnengang war notwendig geworden, nachdem König Abdallah II. das Parlament im November 2009 vorzeitig aufgelöst hatte.

    Analyse Die absolute Dominanz von Pro-Regime-Kandidaten bei den Parlamentswahlen 2010 ist mit den Besonderheiten des Wahlsystems sowie dem Boykott der einflussreichsten Oppositionspartei – der mit den jordanischen Muslimbrüdern verbundenen Islamischen Aktionsfront (IAF) – zu erklären.

    • In Jordaniens monarchischem Autoritarismus dienen Parlamentswahlen primär dem Zweck, wichtige soziale Gruppen via Patronage an die Regierung zu binden. Durch die Machtkonzentration in den Händen des Königs ist eine eigenständige Kontroll- oder Gesetzgebungsfunktion des Parlamentes nicht gegeben.

    • Sowohl Oppositionelle als auch ehemalige Regierungsmitglieder fordern eine grundlegende Reform des seit 1993 bestehenden Wahlgesetzes, das regimeloyale Kandidaten klar bevorzugt und bislang für die sukzessive Schwächung der Islamisten in Wahlen entscheidend war. Die lediglich kosmetischen Änderungen des Wahlgesetzes im Mai 2010 führten zusammen mit den Erfahrungen der Regimerepression und des Wahlbetrugs zur Boykottentscheidung der IAF.

    • Die Wahlen vom November 2010 unterstreichen – bei nochmaligem Bedeutungszuwachs von Stammesloyalitäten und weiterer Marginalisierung der Opposition – die Kontinuität des monarchischen Autoritarismus in Jordanien.

    • Politisches Konfliktpotenzial könnte sich zum einen aus der seit den Wahlen deutlich gestiegenen tribalen Gewalt ergeben. Zum anderen dürfte eine unverändert unnachgiebige Haltung des Regimes gegenüber der islamistischen Opposition die weitere Stärkung konfrontativer Kräfte bei den Muslimbrüdern und der IAF zur Folge haben.


    Fußnoten



      Wie man diesen Artikel zitiert

      André Bank (2010), Wahlen in Jordanien: Islamistischer Boykott und autoritäre Kontinuität, GIGA Focus Nahost, 12, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-274002


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