GIGA Focus Nahost

Libanon: Politische Krise ohne Ende

Nummer 8 | 2007 | ISSN: 1862-3611


  • Für Ende September 2007 ist im Libanon die Wahl eines Präsidenten durch das Parlament angesetzt, aber die für eine gute Vorbereitung notwendige Auflösung der Blockade zwischen Opposition und Regierung erscheint unrealistisch.

    Analyse:

    Der Libanon hat nach der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri am 14.2.2005 und nach dem Sommerkrieg mit Israel im Jahr 2006 sein ohnehin angeschlagenes Gleichgewicht verloren und steht vor dem Zusammenbruch. Politisch bleibt das Land gespalten, alle bisherigen Vermittlungsversuche, zuletzt durch Frankreich, sind gescheitert. Das fragile, konfessionell geprägte politische System, das nach dem Ende des Bürgerkrieges 1990 geschaffen wurde, war nie ein Patentrezept für die Lösung eines Grundproblems: Der Libanon bleibt zur Stabilisierung auf westliche und israelische Duldung unter syrischer Vormundschaft angewiesen. Die bestehende Regierungsstruktur blockiert sogar dringend notwendige Reformen:

    • Die derzeitigen Hauptkonflikte des Landes drehen sich um die Entwaffnung der Hizbullah, die katastrophale Sicherheitslage im Norden und Süden des Landes, um die Serie politischer Morde, den Streit um das internationale Hariri-Tribunal und letztlich um die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes.

    • Falls der September ohne die Abhaltung der Wahl verstreicht, wird der Libanon seine schlimmste Verfassungskrise seit den Bürgerkriegstagen im Jahr 1988 erleben.

    • Auf dem Spiel steht die termingerechte Wahl eines Präsidenten, mit dem sowohl die Opposition als auch die regierende Parlamentsmehrheit leben können. Falls eine Einigung nicht zustande kommt, könnte sich die Opposition zwischen zwei Szenarien entscheiden: erstens, den amtierenden Präsidenten Emile Lahoud mit der Begründung im Amt zu belassen, die parlamentarische Mehrheit habe sich der Neuwahl eines Präsidenten verweigert, oder, zweitens, eine Übergangsregierung zu bilden und zu einer vorgezogenen Parlamentswahl aufrufen.

    • Die die Regierung stellende Allianz der „Kräfte des 14. März“ zieht demgegenüber die verfassungsmäßig fragwürdige Wahl eines neuen Präsidenten mit einer einfachen parlamentarischen Mehrheit, die sie immer noch hält, anstelle der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in Erwägung.

    • Kommt eines der drei genannten Szenarien zur Umsetzung, wird sich der Libanon in Richtung einer vollständigen Polarisierung und effektiven Teilung bewegen.


    Fußnoten



      Wie man diesen Artikel zitiert

      Wiebke Eden-Fleig (2007), Libanon: Politische Krise ohne Ende, GIGA Focus Nahost, 8, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-274606


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      Wiebke Eden-Fleig

      Wiebke Eden-Fleig

      just.childhood, Beirut




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