GIGA Focus Asia

Umweltproteste in China: Alles BANANA?

Number 8 | 2012 | ISSN: 1862-359X


  • Im Juli 2012 kam es in den chinesischen Städten Shifang und Qidong zu großen und gewaltsamen Protesten gegen Industrieprojekte, von denen die Bewohner Umweltschäden sowie gesundheitliche und wirtschaftliche Beeinträchtigungen befürchteten. Beide Projekte wurden inzwischen von den lokalen Regierungen gestoppt.

    Analyse Die Proteste in Shifang und Qidong lassen sich in einen größeren Trend zunehmender Umweltproteste einordnen, der spätestens mit den "Spaziergängen" in Xiamen im Jahr 2007 bekannt geworden ist. Beide Fälle sind typisch für diese neue Form des Bürgeraktivismus, der die chinesische Regierung vor erhebliche Herausforderungen stellt. Bürgerliche Aktivisten in China bedienen sich unkonventioneller Formen des Protests und greifen auch zur Gewalt. Dahinter steht nicht kleinbürgerlicher Egoismus, sondern eine tiefe Krise des Vertrauens zwischen Bürger und Staat.

    • In China ist eine deutliche Zunahme des bürgerlichen Aktivismus festzustellen. Die Zahl an Protesten, Petitionen und sogenannten E-Movements nimmt seit dem Jahr 1993 kontinuierlich zu; die Zahl der Umweltproteste wächst besonders schnell.

    • Die gängige Stigmatisierung dieser Proteste als NIMBY-Phänomene (not in my backyard), von Stadtplanern auch mit dem Akronym BANANA (build absolutely nothing anywhere near anyone) gekennzeichnet, die nur aus lokalem Eigeninteresse der Bevölkerung erfolgen, greift zu kurz, da sie die Beschränkungen des autoritären politischen Kontexts in China übergeht. Chinesische Bürgeraktivisten fordern die Einhaltung bestehender Rechte, ihr Zorn richtet sich gegen das Fehlverhalten lokaler Regierungen und sie sind bereit, dafür erhebliche politische Risiken einzugehen.

    • Die Protestierenden besitzen eine erhöhte Risikobereitschaft, da sie das Vertrauen in die Lokalregierungen verloren und ein stärkeres Umwelt- und Rechtsbewusstsein entwickelt haben. Mangelnde institutionelle Mechanismen der Partizipation und die Möglichkeiten der Information über neue soziale Medien erhöhen zusätzlich den Druck auf die Regierung.

    • Die Regierung hat bisher keine umfassende Strategie zum Umgang mit dem neuen bürgerlichen Aktivismus, da sie mit den rasanten sozialen Veränderungen nicht Schritt halten kann. Dies verweist auf die grundlegende Diskrepanz wirtschaftlichen Aufschwungs und politischen Stillstands. Angesichts der Politisierung einer jungen Generation bürgerlicher Aktivisten könnte diese reaktive Haltung für das Regime gefährlich werden.


    Footnotes



      How to cite this article

      Veauthier, Sophie (2012), Umweltproteste in China: Alles BANANA?, GIGA Focus Asia, 8, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-320592


      Imprint

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      The German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg publishes the Focus series on Africa, Asia, Latin America, the Middle East and global issues. The GIGA Focus is edited and published by the GIGA. The views and opinions expressed are solely those of the authors and do not necessarily reflect those of the institute. Authors alone are responsible for the content of their articles. GIGA and the authors cannot be held liable for any errors and omissions, or for any consequences arising from the use of the information provided.

      Sophie Veauthier

      Sophie Veauthier

      University of Tübingen



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