GIGA Focus Nahost

Palästina: Wirtschaftliche Rezession und drohende humanitäre Katastrophe

Nummer 8 | 2006 | ISSN: 1862-3611


  • Seit einiger Zeit häufen sich Medienberichte und Erklärungen verschiedener in den Besetzten Gebieten tätiger internationaler Hilfsorganisationen, dass den Menschen im Gaza-Streifen eine humanitäre Katastrophe drohe.

    Analyse:

    Am 27. Juni 2006 startete die israelische Armee mit mehreren Luftangriffen eine umfangreiche Militäroffensive gegen den Gaza-Streifen. Den folgenden Einmarsch der israelischen Armee nach ihrem einseitigen Abzug aus Gaza im September 2005 rechtfertigte die israelische Führung als Reaktion auf den Überfall palästinensischer Milizionäre auf einen Vorposten der Armee, bei dem zwei Soldaten getötet wurden und ein weiterer entführt wurde. Einige Monate vorher war als Reaktion auf den Wahlsieg der radikalislamischen Hamas ein wirtschaftlicher Boykott gegen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) verhängt worden. Ende Mai 2006 startete das Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) der Vereinten Nationen einen Spendenaufruf für zusätzliche Mittel, da bereits zu diesem Zeitpunkt fast 80 % der Bevölkerung in Gaza unterhalb der Armutsgrenze lebten.

    • Nach Angaben der Weltbank setzte die gegenwärtige wirtschaftliche Rezession in den Besetzten Gebieten mit dem Ausbruch der zweiten oder Al-Aqsa-Intifada im September 2000 ein.

    • Mit dem Boykott wurde die PA durch die Aussetzung der israelischen Ausgleichszahlungen und internationalen Hilfen in eine nie dagewesene Haushaltskrise gestürzt.

    • Selbst unter der Annahme, dass die israelischen Steuertransfers und internationalen Budgethilfen aufrechterhalten würden, bliebe die palästinensische Wirtschaft in einer Rezession gefangen. Damit in Verbindung stünde unvermeidlich der weitere Anstieg von Armut, Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von internationalen Hilfen.

    • Der einseitige israelische „Abkoppelungsplan“, der in einer revidierten Fassung im Juni 2004 vom israelischen Kabinett verabschiedet wurde, weist keinen Weg aus dem Dilemma. Bei genauerem Hinsehen stellt der Plan keine substanzielle Verbesserung oder Lockerung der restriktiven Rahmenbedingungen in Aussicht, denen die palästinensische Ökonomie seit langer Zeit ausgesetzt ist.


    Fußnoten



      Forschungsschwerpunkte

      Wie man diesen Artikel zitiert

      Anja Zorob (2006), Palästina: Wirtschaftliche Rezession und drohende humanitäre Katastrophe, GIGA Focus Nahost, 8, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-277165


      Impressum

      Der GIGA Focus ist eine Open-Access-Publikation. Sie kann kostenfrei im Internet gelesen und heruntergeladen werden unter www.giga-hamburg.de/de/publikationen/giga-focus und darf gemäß den Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz Attribution-No Derivative Works 3.0 frei vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies umfasst insbesondere: korrekte Angabe der Erstveröffentlichung als GIGA Focus, keine Bearbeitung oder Kürzung.

      Das German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost und zu globalen Fragen heraus. Der GIGA Focus wird vom GIGA redaktionell gestaltet. Die vertretenen Auffassungen stellen die der Autorinnen und Autoren und nicht unbedingt die des Instituts dar. Die Verfassenden sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. Irrtümer und Auslassungen bleiben vorbehalten. Das GIGA und die Autorinnen und Autoren haften nicht für Richtigkeit und Vollständigkeit oder für Konsequenzen, die sich aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen ergeben.

      Anja Zorob

      Anja Zorob

      Ehemals GIGA-Teammitglied




      GIGA Focus Nahost | 9/2007

      Flüchtlingskrise im Nahen Osten: Syrien und Jordanien überfordert

      Anja Zorob

      Ehemals GIGA-Teammitglied

      Benachrichtigungen

      Melden Sie sich hier für E-Mail-Benachrichtigungen zu GIGA-Aktivitäten an

      Soziale Medien

      Folgen Sie uns